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Vorstellungspflicht aller Unfallbeteiligter

Das Recht die Aussage zu verweigern und sich nicht selbst beschuldigen zu müssen, besteht nach einem Unfall nicht. § 142 StGB verlangt ausdrücklich, dass ein Unfallbeteiligter, die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, dass er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglichen muss. Es reicht also nicht aus, am Unfallort zu verweilen, bis sich nach einem Unfall niemand mehr am Unfallort aufhält, dem sich der Beteiligte zu erkennen geben kann.

Der Tathergang

Der Unfall ereignete sich auf einer in beiden Fahrtrichtungen zweispurigen Straße. Der Angeklagte S befuhr mit überhöhter Geschwindigkeit die linke Fahrspur, der Angeklagte H fuhr ebenfalls zu schnell in gleicher Richtung auf der rechten Spur. Als ein Fahrzeug aus einer Parkbucht in die Straße einfuhr, wich H auf die linke Fahrspur aus. S verriss das Lenkrad, geriet auf die Gegenfahrbahn und kollidierte dort mit zwei Fahrzeugen. Es kam zu Sach- und Personenschaden.

H. stellt sein Fahrzeug am Straßenrand ab und begab sich zu Fuß zur Unfallstelle. Dort machte er gegenüber den zwischenzeitlich eingetroffenen Polizeibeamten Angaben zum Unfallhergang. Gab sich aber nicht als Beteiligter zu erkennen, sondern behauptete, als Fußgänger lediglich Zeuge des Unfalls geworden zu sein. Auch gab er an, dass es habe ein Fahrzeug gäbe, das von der rechten auf die linke Spur gewechselt sei, woraufhin das Fahrzeug von S auf die Gegenfahrbahn geraten sei.

Das Oberlandesgericht Hagen verurteilte S und H wegen fahrlässiger Körperverletzung und H zusätzlich wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort. Hier gegen werte die H mit der Begründung, er habe den Ort des Geschehens erst verlassen, als niemand mehr dort war, der den Tathergang hätte aufnehmen können.

BGH-Beschluss 4 StR 583/17 vom 11. April 2018

Das Gericht geht im Beschluss 4 StR 583/17 davon aus, dass die Reihenfolge des Verlassens eines Unfallortes nicht ausschlaggebend ist. Gemäß § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB macht sich strafbar, wer sich nach einem Unfall im Straßenverkehr als Unfallbeteiligter vom Unfallort entfernt, bevor er die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung ermöglicht hat.

Entgegen der Ansicht des Bayerischen Obersten Landesgerichts und des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main ist es unerheblich, wann der Unfallbeteiligte den Ort des Unfalls verlässt. Das Wort „bevor“ bezieht sich nicht auf die Reihenfolge des Verlassens, sondern ist im Sinne von „ohne zuvor die Feststellungen ermöglicht zu haben“ zu verstehen. Der Angeklagte H habe also die Pflicht gehabt, nicht nur abzuwarten, sondern sich aktiv als Unfallbeteiligter zu erkennen zu geben.

Das Gericht sah auch einen erheblichen Wertungswiderspruch, wenn sich ein Unfallbeteiligter der sich berechtigt vom Unfallort entfernt, bei nicht unverzüglicher nachträglicher Ermöglichung der Feststellungen strafbar macht, während ein Unfallbeteiligter, der sich nach Verletzung seiner Vorstellungspflicht als Letzter vom Unfallort entfernt, straffrei bliebe.

Auch teilt der Gerichtshof die Auffassung des Bayerischen Obersten Landesgericht nicht, dass derjenige, der den Unfallort als Letzter verlässt, nicht gegen § 142 StGB verstößt, da man ansonsten ein zeitlich unbeschränktes Verweilen am Unfallort erwarten würde. Der Beteiligte braucht lediglich seiner Vorstellungspflicht nachzukommen, um den Ort des Unfalls verlassen zu dürfen. Hierzu besteht die Möglichkeit, während die anderen Unfallbeteiligten oder die Polizei vor Ort sind. Ein Abwarten, bis der Letzte, der, die Daten aufnehmen kann, gegangen ist, schützt nicht vor den Folgen des § 142 StGB.


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